Wunsch und Wirklichkeit in der Zahnheilkunde
Aus gegebenem Anlass nehmen wir Stellung.
Möglicherweise hängt es damit zusammen, dass im CMD-Centrum-Kiel Patienten in einer Verteilung zusammentreffen, wie es in einer normalen Praxis nicht vorkommt. Im CMD-Centrum-Kiel gibt es nicht einige schwierige Patientenfälle und einige weniger schwierige und einige leichte. Die alltägliche Realität im CMD-Centrum-Kiel ist die, dass hier ganz überwiegend Patienten in Behandlung sind, die an einem sehr komplexen Krankheitsbild leiden und in aller Regel im Vorfeld bei einer größeren Anzahl von Ärzten und Zahnärzten in Behandlung war. Häufig gelten diese Patienten als austherapiert! Daher sind Aussagen, die wir hier treffen nicht repäsentativ, weil die Patientenklientel selektiv ist!
Bevor ein Patient im CMD-Centrum-Kiel einen konkreten therapeutischen Behandlungsplan vorgelegt bekommt, wurden im Vorfeld immer erhebliche diagnostische Untersuchungen erbracht. Es ist unabdingbar den Patienten umfangreich über die Erkenntnisse der Diagnostik und die daraus resultierenden Zielsetzungen einer therapeutischen Behandlung in Kenntnis zu setzen. Nur dann ist der Patient in der Lage eine Entscheidung zu treffen.
Genau darum geht es: Der Patient trifft die Entscheidung und nicht der Arzt!
Umso erstaunlicher ist es dann immer wieder aufs Neue, wenn sich bezüglich der therapeutischen Vorgehensweise ein bestimmter Informationsstand des Patienten offenbart, der Erstaunen auslöst. Und zwar deshalb, weil man sich fragt, wie der Patient zu diesen Erkenntnissen gekommen ist. Die Antwort ist natürlich leicht. Es handelt sich in aller Regel um eine Mischung aus populärwissenschaftlichen Darstellungen, medizinischer Trivialwerbung und nicht selten aus übertreibenden oder verharmlosenden Darstellungen medizinischer Heilberufe.
Wenn es schon so einfach möglich ist sich einen größeren Busen, Po oder ein strafferes Gesicht zuzulegen, dann muss es doch auch ganz einfach sein ein defektes Kauorgan wieder herzustellen.
Möchte man meinen! Mit Interesse nimmt der Fachkundige wahr, wenn Berichterstattungen abweichend von den gefeierten Erfolgen, gelegentlich auf die Patienten fokussieren, bei denen im Rahmen derartiger Behandlungen das gewünschte Ziel nicht erreicht wurde, oder derartige Eingriffe sogar mit dem Tode enden.
Lassen Sie uns daher einige typische Ansichten aufgreifen, bei denen die Wahrnehmung, möglicherweise auch die öffentliche Darstellung zahnmedizinischer Problemfelder erkennbar im Widerspruch zur Realität steht.
Stichwort Parodontitis und Implantate:
Folgt man den Statistiken, dann leiden über 80 % der über 35-jährigen an einer Parodontalerkrankung, korrekt bezeichnet als "Parodontitis". Es ist daher vollkommen korrekt von einer Volkskrankheit zu sprechen. Im Bereich Implantatversorgungen stellen Parodontalerkrankungen ein erhebliches Problem dar, weil Implantate Knochen benötigen, in den sie eingebracht und verankert werden können. Genau dieser Knochen aber ist im Verlauf einer Parodontalerkrankungen verloren gegangen. Kritisch wird es dann, wenn einzelne Zähne in einem intakten Gebiss entfernt werden müssen und in die entstehende Lücke ein Einzelzahnimplantat gesetzt werden soll. Das Problem besteht bildlich gesprochen darin, dass die Zähne rechts und links neben der bestehenden Lücke nicht mehr vollständig im Knochen stehen. Gleichzeitig dort, wo das Implantat hingesetzt werden soll auch nur noch ein reduziertes Knochenangebot zur Verfügung steht. Nun haben sich Begrifflichkeiten wie „Knochenaufbau“ auch als „Augmentat“ bezeichnet, auch in den populärmedizinischen Darstellungen durchgesetzt. In jeder Frauenzeitschrift kann man heute zu diesem Thema lesen. Diese Darstellungen treffen aber häufig auf die Probleme der Alltagsmedizin nicht zu. Es ist eben nicht möglich zwischen zwei Zähnen, die nur noch reduziert im Knochen stehen, in den dazwischen liegenden ebenfalls reduzierten Knochenbereich, in einer Art „Maulwurfshügel“ Vorstellung neuen Knochen aufzubauen, um in diesen dann ein Implantat zu setzen.
Es ist zwar möglich, vorrangig im Oberkiefer, schmalen Knochen zu verbreitern, um dann in diesen verbreiterten Knochen ein Implantat einzusetzen. Schon im Unterkiefer ist dieses Verfahren, wenn überhaupt!; nur sehr erschwert zu erbringen. Die Methoden des so genannten „bone splitting“, d.h. einer Knochenverbreiterung, sind viel mehr auf den Oberkiefer beschränkt. Vertikalen Erhöhungen des Kieferknochenangebots sind in aller Regel niemals so möglich, wie Patienten sich das vorstellen und glauben möchten. Dass man einfach auf den reduzierten Kieferknochen oben etwas aufbringt, was sich dann in neuen Knochen umsetzt, in den man dann ein Implantat setzen könnte. Derartige Vorstellungen sind zwar wünschenswert in der Realität aber nicht umsetzbar.
Prinzipiell liegt man mit der Feststellung: „Verlorener Knochen, der weg ist ist weg!“ erst einmal vollkommen richtig.
Möglichkeiten der Erhöhung des Kieferknochens spielen sich in der Realität vorrangig ab im Oberkieferseitenzahnbereich. Hier finden die Knochenerhöhungen derart statt, dass nicht auf den bestehenden Knochen oben etwas draufgesetzt wird, sondern die Erhöhung des vertikalen Knochenangebots geschieht derart, dass in der Kieferhöhle neuer Knochen herangezüchtet wird. Wenn man also so will, wird das vertikalen Knochenangebot nicht dadurch geschaffen, dass der Knochen in der Höhe wächst, sondern der Knochen wird -in die Tiefe hin- neu angelegt.
Bildlich gesprochen muss man sich das so vorstellen. Bei einem bestehenden Hochhaus besteht neuer Bedarf an Raum. Das bestehende Gebäude kann aber nicht höher gebaut werden. Stattdessen versucht man im Kellergeschoss neue Etagen nach unten hin ins Erdreich zu bauen. Das Gebäude wächst also in die Tiefe. So muss man sich prinzipiell die Maßnahme einer so genannten Sinusliftoperation im Oberkieferseitenzahnbereich vorstellen.
Im Unterkiefer sind derartige Maßnahmen technisch nicht möglich, weil dort nicht die Möglichkeit entsteht neuen Knochen in die Tiefe hin zu entwickeln! Die Maßnahmen zur Erhöhung des Knochenangebots im Kieferknochen sind daher vorrangig auf den Oberkiefer beschränkt und hier besonders auf die Regionen der Oberkieferseitenzähne.
Nun gehören zu einem Biss aber immer die Zähne des Oberkiefers und des Unterkiefers. D.h. es ist mit einem zwar hohen technischen Aufwand, aber immerhin fast immer, eine vollständige Bezahnung des Oberkiefers wieder herstellbar.
Ganz anders sieht das im Unterkiefer aus. Hier liegen die Probleme vorrangig im Unterkieferseitenzahnbereich, wo es nicht ohne weiteres möglich ist Knochen zu verbreitern und knochenerhöhende Maßnahmen durchzuführen. Die Möglichkeit, die im Oberkiefer zu Verfügung steht, neuen Knochen in der Tiefe d.h. in der Kieferhöhle anzulegen, besteht im Unterkiefer nicht.
Im Unterkiefer besteht ganz im Gegenteil das große Problem, dass der „nervus alveolaris“ durch den Unterkieferknochen zieht, der unter anderem die Unterlippe und das Kinn mit Sensibilität versorgt. Dieser Nerv darf auf keinen Fall beschädigt werden und legt somit nach „unten“ hin fest, wie weit man ein Implantat im Unterkiefer in den Knochen hinein bringen kann.
Im Großen und Ganzen kann man daher sagen, dass im Oberkiefer ein großes Repertoire an Maßnahmen zur Verfügung steht verloren gegangenen Knochen wieder aufzubauen. Das sieht aber im Unterkiefer schon ganz anders aus.
Als allerletzte Maßnahme stehen in beiden Kiefern, vorrangig aber im Unterkiefer Maßnahmen zur Verfügung, bei denen ein ganzer Knochenblock aus dem Beckenkamm herausoperiert und auf den reduzierten Kieferkamm aufgeschraubt wird. Es ist kein Humor, wenn man hier den Medizinerspruch zitiert: „Patient kann wieder kauen aber nicht mehr laufen!“
Weit problematischer ist aber, dass diese Maßnahmen der „Beckenkammentnahme“ nicht den Standard darstellen, sondern dann durchgeführt werden, wenn gar nichts mehr geht! Konkret, wenn der Unterkieferknochen derart dünn ist, dass die Gefahr besteht, dieser beim Zubeißen durchbricht!
Das heißt in aller Regel: Bei vollkommen zahnlosen Kiefern!
Das, was nun geglaubt wird, man könne mit dieser Maßnahme verloren gegangenen Konchen an einzelnen Zähnen aufbauen ist schlicht weg „Phantasie“! Das Grundproblem besteht unter anderem darin, dass derartige Wundgebiete hinterher absolut bakteriendicht verschlossen werden müssen. Genau das ist aber nicht möglich, wenn Zähne oder Implantate im Knochen stehen und durch das Zahnfleisch hindurch in die Mundhöhle ragen. Wie dies bei Patienten mit Zähnen und Zahnlücken zwangsläufig vorkommt!
Es sind diese Details, die regelmäßig in den Darstellungen unterbleiben. Die aber wichtig sind, damit ein Patient sich eine Meinung bilden kann, was machbar ist und was Wunschvorstellung bleiben wird.
Eine Blockaugmentation ist unter Umständen in zahnlosen Kieferkammbereichen möglich, aber eben nicht zwischen bestehenden Zähnen bei einer vorliegenden Parodontitis!
Genau das aber war die Vorstellung des Patienten!