Rekonstruierte Patientin mit Beschwerden
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Es war lange absehbar und nun ist es so gekommen. Letztendlich wurden heute Zahn 45 und Implantat 46 entfernt. Nach Aufrechterhaltung der Bisslage durch einen Aufbissbehelf und ca. 8 wöchiger Abheilphase wird dann geprüft, welche Möglichkeiten bestehen die Lücke 45,46 mit einem festsitzenden Zahnersatz neu zu schließen. Hier kommen mehrere Möglichkeiten in Betracht.
Auch in diesem Fall einmal mehr die Überlegung, wie neben medizinischen Aspekten nicht nur das Lebensalter der Patientin die die Erwägungen einbezogen werden muss, sondern noch viel mehr, wie sich die gesundheitliche Perspektive der Patientin gestalten könnte.
Will sagen: Wenn Implantate nötig werden, bis wann sollten diese am besten im Munde der Patientin sein, weil es irgendwann systemische Gründe geben könnte keine Implantate mehr zum Einsatz zu bringen.
Für diese Abwägungen existieren keine Vorgaben, sondern man ist als Behandler häufig auf sein Gefühl angewiesen und das kann einen bekanntlich trügen.
Man ist als Behandler regelrecht hin und her gerissen. Man kann sich diesen Überlegungen: "Lohnt sich das überhaupt noch, angesichts des Alters des Patienten?" nicht gänzlich entziehen.
Auf der anderen Seite erleben wir heute Patienten, die mit Ende 60 einen Habitus haben, den früher Ende 40 jährige hatten. Die Lebenserwartung bei Frauen liegt in den oberen 80er Lebensjahren.
Dann muss man wissen, das hat jetzt etwas mit den Grundlagen der Statistik zu tun, dass Patienten, die schon alt geworden sind, eine hohe statistische Wahrscheinlichkeit haben, noch älter zu werden. Es ist also keinesfalls so, dass die statistische Wahrscheinlichkeit bald zu sterben abnimmt, wenn man älter wird.
Ein vermeintlicher Widerspruch, der aber eben keiner ist.
Dann kommt natürlich immer hinzu, dass der Arzt alles schon immer vorher wissen soll, dabei wusste schon Mark Twain, dass es mit Prognosen immer sehr schwierig sei, besonders dann, wenn sie in die Zukunft reichen sollen.
Dann ist nie zu vergessen, je älter den Patient ist, umso vorgeschädigter sind in aller Regel die Strukturen. Umso schlechter sind die Ergebnisse der Wundheilung.
Eingriffe, die heute noch möglich sind, weil die dazu notwendige Substanz "noch" vorhanden ist, aber zukünftig nicht mehr vorhanden sein wird, stellen eine weitere Überlegung dar.
Vermutlich würde es nicht mal einem Computerprogramm möglich sein, unter all diesen Parametern die eine Entscheidung heraus zu finden, die dann für den Patienten die beste ist, denn dazu gehört auch noch, die Wünsche des Patienten in diesen Entscheidungsgang einzubinden.
Dass der Patient nachvollziehbarerweise für sein Problem am besten eine möglichst kleine Lösung anstrebt, die dann auch noch preisgünstig sein soll, aber den Komfort eines Grand Hotels zum Schnäppchenpreis erlebbar machen soll, ist selbstredend.
Nur genauso unrealistisch.
Am Besten fragt man sich dann immer, wie man es wohl machen lassen würde, wenn man selbst dort auf dem Stuhl sitzen würde.
Aber auch das ist letzten Endes nicht der Weisheit letzter Schluss.
Daher macht man am besten folgendes: Stellt dem Patienten seine gesamten Gedanken dar und bittet dann den Patienten seine Entscheidung zu treffen.
Und genau das machen wir!