Patientin aus Flensburg erhält komplizierte definitive Unterkieferversorgung
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Eine wirklich komplexe Arbeit, die nur mit viel Aufwand zu einem Happy End wird.
Für einen Außenstehenden ist nicht einmal zu erahnen, wie viele Details bei einer derartigen Versorgung zwischen Zahntechniker und Zahnarzt gesprochen werden muss und von wie vielen kleinsten Details es am Ende abhängt, ob der gewünschte und angestrebte Behandlungserfolg auch eintritt.
Vorschläge, mesiet von bestimmten Versicherungen, derartige Rekonstruktionen im Ausland anfertigen zu lassen sind derart absurd, dass es nicht der Mühe wert ist darauf argumentativ überhaupt einzugehen. Eine Versicherung, die derartiges anbietet oder gar fordert ist schlichtweg nicht ernst zu nehmen.
Derartige Überlegungen sind bei Nicht CMD Patienten durchaus opportun, wenn es nicht auf Details ankommt. In diesen Fällen sind derartige Überlegungen geradezu therapiegefährdend.
Ein bisschen zu erkennen: Die Kommunikation zwischen Zahntechnikermeisterin und Zahnarzt, die auch gelegentlich direkt über die Meistermodelle stattfindet.
Hier ein weiteres interessantes Phänomen. Die Zahntechnikerin war der Meinung, der Zahnstumpf sei in dem Bereich, der schwarz angemarkert ist etwas zu steil präpariert und hat deutlich oberhalb der Präparationsgrenze den Gipsstumpf radiert.
Im Munde gab es keinerlei Probleme die Krone, bis in ihre apikale Endposition zu schieben. Also unterblieb im Munde die Korrektur, die die Zahntechnikerin für notwendig hielt.
Es sind derart minimale Diskrepanzen, die immer wider zeigen, dass es technisch nicht möglich ist die räumlichen Beziehungen zwischen Labor und Mundsituation, zumindest im Mikrometermaßstab 1:1 zu erfassen.
Dann kann man an diesem Behandlungsfall ein weiteres Phänomen zeigen, dass selten, aber dann durchaus immer mit einer gewissen Vehemenz auftritt.
Bevor die definitive Rekonstruktion eingeleitet wird, erfolgt noch einmal eine abschließende röntgenologische Beurteilung und auf dem Übersichtsröntgenbild OPG ist in regio 46 eine deutliche Aufhellung zu erkennen.
Das führt nachvollziehbarerweise erst einmal zum Stopp aller weiteren Überlegungen.
Als nächstes wird dann, und so war es hier auch, sofort ein Einzelzahnfilm hinterher "geschossen".
Beide Röntgenbilder wurden am selben Tag direkt nacheinander aufgenommen!
Auf dem Einzelzahnfilm ist nun aber interessanterweise zwar eine diskrete Aufhellung des Parodontalspaltes zu sehen, aber bei Weitem nicht die Aufhellungszone, wie auf dem Übersichtsröntgenbild. Unter Gegenlicht sieht das deutlich auffälliger aus, als hier in einer Fotografie.
Und nun gilt es den Vorgang abzuwägen und sich zu fragen: Was macht man am Besten? Das Ganze immer unter dem Gesichtspunkt des bisherigen Behandlungsverlaufes und der Behandlungszielsetzung.
In Absprache mit dem Patienten wurde dann der Entschluss gefasst, sich befundtechnisch an dem Einzelzahnfilm EZF zu orientieren, da dieses Röntgenbild überlagerungsfrei erstellt wird.
ei derartigen Entscheidungen ist nun genau abzuwägen: Was könnte alles passieren, wenn man den Zahn 46 versucht endochirurgisch zu revidieren? Gelingt das? Was passiert, wenn es nicht gelingen sollte? Besteht überhaupt eine absolute
Indikation endochirurgisch zu revidieren.
Was ist, wenn der verbreiterte Desmodontalspalt einfach nur im Sinne einer Narbe der vorangegangenen Endobehandlung zu werten ist.
Was passiert, wenn der Zahn, nach missglückter Operation möglicherweise zu entfernen wäre. Was passiert dann mit dem Biss und den funktionellen Beschwerden der Patientin.
Nur Zahnärzte, die keine Behandlungserfahrung mit derart komplexen Fällen haben, kommen hier ganz schnell zu einer Meinung.
Es ist ein Hin- und Herwägen und jeweiliger Berücksichtigung, was passieren könnte, wenn sie die Befundlage in die eine oder in die andere Richtung entwickeln sollte.
Es gibt daher kein eindeutiges Ja oder Nein. Jedenfalls nicht in einem derartigen Fall. Denn wir behandeln keine Röntgenbilder, sondern lebende Menschen, die in einem Leben stehen, einen Beruf ausüben und starke funktionelle Beschwerden haben.
Das aktuelle Ziel dieses Falles besteht darin die eingestellte funktionstherapeutische Bisslage zu sichern und zu erhalten. Dafür wird in Kauf genommen, dass es hier möglicherweise irgendwann einmal an einem Problem an Zahn 46 kommen könnte.
Ob und wann das aber überhaupt jemals der Fall sein wird, weiß Niemand.
Wenn man so will arbeitet man hier mit einem kalkulierten Risiko. Nur der Glaube, man mache da mal etwas, damit diese kleine schwarze Linie im Röntgenbild verschwindet und hinterher säße man dann vor einem Röntgenbild, in dem alles so aussieht, wie es aussehen sollte ist schlichtweg naiv.
Nach einer Wurzelspitzenresektion sitzt man vor einem Röntgenbild, bei dem aus einer kleinen schwarzen Linie ein großes schwarzes Loch geworden ist, man nennt es Resektionshöhle, und Niemand weiß, ob darin nun Ruhe herrscht, oder weiterhin eine mögliche Entzündung arbeitet, und wenn man den Zahn entfernt, behält man ein großes schwarzes Loch im Röntgenbild und wenn man dann implantiert, erhält man am Ende ein großes weißes Loch im Röntgenbild.
Derartige Überlegungen bieten Stoff für alle möglichen Vorgehensweisen und Behandlungsvarianten.
Entscheiden ist weniger, für welche man sich entscheidet, sondern eher welche man mit dem Patienten besprochen hat und aus medizinischer Sicht vertretbar sind.
Am Ende sollte jedenfalls eine Variante nicht stehen, die etwas scherzhaft folgendermaßen überschrieben wird: "Operation geglückt, Patient tot."
Genau darum geht es hier: Die Abwägung, wer eigentlich ist unglücklich darüber, ob ein Desmodontalspalt eines wurzelkanalbehandelten Zahnes erweitert ist. Der Patient oder eher der Behandler.
Und wenn man dann am besten die Frage stellt: Was würde der Behandler machen, wenn es sei eigener Zahn wäre, der dort im Röntgenbild dargestellt ist, dann ist man ziemlich dicht dran einer objektivierbaren Wahrheit und es gibt genügend Studien, die eindrucksvoll beschreiben, dass Ärzte oftmals bei sich selbst nicht das machen lassen würde, was sie bei ihren Patienten für indiziert erachten!
Daher die Frage an den Behandler: Was würden Sie hier bei sich selbst machen lassen?
Antwort: Nichts! Aber den Zahn in regelmäßigen Abständen röntgenologisch überprüfen lassen, und gegebenenfalls, bei einer Veränderung, die Lage neu zu bewerten.