Patientin aus der Region Rendsburg erhält ein Implantat in regio 48
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Es war ganz anders geplant, aber intraoperativ stellte sich die Situation dann doch vollkommen anders dar, als röntgenologisch vermutet.
Auch hier gilt der alte Otto Rehagel Spruch: "Die Wahrheit liegt auf dem Platz".
In der Implantologie, Mancher wird es nicht glauben wollen, ist es, trotz computernavigierter Implantatdiagnostik und -therapie, häufig eben auch nicht anders.
Da kann man diagnostizieren und messen, wie man will.
Wenn man dann auf einmal introperativ vor dem Knochen sitzt, stellt sich die Situation auf einmal dann eben doch ganz anders dar, als vorher bildgenebd diagnostiziert und es muss dann intraoperativ umgeplant werden.
Statt einem oder zwei 3,0 oder 3,5 mm präoperativ geplanten Implantaten mit einer Länge von 9 Millimetern, ist hier nun ein Implantat mit einem Durchmesser von 6 Millimetern und 8 Millimeter Länge gesetzt worden.
Warum nun gerade in regio 48?
Das ist ein längere Geschichte, die ihren Ursprung darin hat, dass in der heutigen Brückenregion 46, also dort wo man gerne hin implantiert hätte, leider kein Knochen in akzeptabeler vertikaler Dimension zur Verfügung steht.
Da hätte man doch neuen Knochen anzüchten können.
Hätte man versuchen können, aber wie inzwischen allseits bekannt: So schnell wie sich der neue Knochen möglicherweise etablieren lässt, so schnell ist der neue Knochen auch wieder weg resorbiert. Periimplantitis nennt isch das und wodruch das genau versursacht wird, darüber streitet sich die Fachwelt.
Deshalb gibt es Behandler, die es im Zweifelsfall bevorzugen das geplante Implantat lieber an eine andere Stelle zu setzen, dafür dann aber in eigenen, ortsständigen Knochen, statt in neu gezüchteten Knochen, sofern er denn überhaupt hinreichend kalzifiziert.
Denn, eines der Probleme dieses Falles besteht darin, dass der n.alveolaris inferior der Patientin im operierten Unterkieferast relativ weit oben liegt und damit die Möglichkeiten von Implantatinsertionen stark einschränkt.
Und wer schon einmal Bekanntschaft mit seinem n.alveolaris inferio gemacht hat, weil einem Zahnarzt das nicht so klar war, der weiß, dass es unangenehm ist, wenn man lebenslang kein Gefühl mehr in einem Teil der Unterlippe besitzt und man froh sein kann, dass einem nicht jedes Getränk aus einem gefühlstauben Mundwinkel heraus tropft.
Und zwar für den Rest des Lebens, denn auch wenn die Kieferchirurgie Vieles hinbekommt, so lässt sich eben bis heute nicht jeder durchtrennte Nerv wider rekonstruieren.
So, wie Prof. von Domarus von der Uniklinik Lübeck es einmal in einer Fortbildung zitierte:
"Und wenn Du noch so gut chirurgst, es kommt der Tag, da machst Du Murks
Die schwarze Linie markiert etwa die Linie zu der der Zahn noch im eigenen Alveolarknochen der Patientin stand. Diese Tiefe war ungefähr die Referenz bis zu der man annehmen konnte, dass hier nichts Unerwünschtes passieren könne.
Was aber eben auch nicht bedeutet, dass man dann einfach bis auf diese Tiefe einfach die vorhandene Alveole nur mal schnell zu erweitern bräuchte, denn der Nerv kann sehr wohl direkt hinter einer der seitlichen Knochenwände liegen.
Hier gibt es noch eine Besonderheit, die sich aus dem Studium der Fotografien ergibt.
Die übliche Vorgehensweise: Entfernung des Zahnes, 8 bis 12 Wochen warten und dann ein Implantat inserieren, war hier nicht möglich, denn der Verfasser dieses BLOGS würde niemals unter diesen radiologisch erkennbaren Umständen ein Loch in einen Unterkiefer bohren, um eine Implantat zu inserieren, das auf dem Kontrollröntgenbild deutlich über den Nervkanal des n.alveolaris hinausragt.Wenn man nämlich in regenerierten Knochen hineinbohren würde, hätte man keinen Anhalt mehr, wie tief man hinein bohren könnte, ohne den Nerv zu verletzen.
Warum war das aber nun, im Sinne einer Sofortimplantation, verbunden mit allen Risiken einer sofortogen Implantation, bezüglich der knöchernen Einheilung, dann auf einmal möglich?
Weil man in dieser Situation in der Lage war, nach der Entfernung der Zahnwurzel 48 die knöcherne Alveole zu vermessen und unter Sichtkontrolle das vorhandene Loch im Knochen vorsichtig etwas zu erweitern. Dafür muste man aber eben das Risiko einer Sofortimplantatioin auf sich nehmen. Also lieber geringes Risiko der Nervschädigung duch Implantation und damit verbunden erhöhte Gefahr der knöchernen Nichteinheilung als hohs Risiko den Nerv zu verletzen, bei geringerem Einheilrisiko. So einfach läuft eine derartige präoperative Einschätzung ab.
Schlichtweg nach gesundem Menschenverstand und nicht von einem Computer berechnet.
Man kann dann direkt in das knöcherne Loch hinein sehen und es per Auge inspizieren. Wenn dort alles nach Knochen aussieht und sondiert wird, dann liegt der Nerv zwar im Röntgenbild höher als die tiefste Stelle des Implpantates, aber man weiß dann, dass der Nerv in Wirklichkeit vor oder hinter dem Implantat liegt, aber eben nicht direkt darunter.
Wir hatten in diesem Fall zusätzlich eine Schichtdiagnostik betreiben lassen, weil wir ein derartiges Gerät nicht in der Praxis haben. Man muss allerdings sagen, dass auch eine derartige Schichtaufnahme Inerpretiationsspielraum zulässt, den man sich aber in einer derartige Situation nicht wirklich erlauben kann.
Das knöcheren Loch konnte daher probeweise mit Implahtatbohrern in Tiefe und Durchmesser vermessen werden.
So genügte eine geringe Erweiterung des vorhandenen Loches, um ein Impplantat mit einem Durchmesser von 6 Millimetern und einer Tiefe von 8 Millimetern primärstabil zu verankern.
Ob das Implantat nun knöchern einwächst, wird man abwarten müssen.
Es war jedenfalls die einzige Möglichkeit dort ein Implantat zu inserieren.
Dabei ist das Implantat 48 ein "Zusatzimplantat".
Es soll nach Entfernung des distalen Brückenankerzahnes 46 auch dort noch in regio ein weiteres Implantat inseriert werden.
Auch da gilt: Erst wenn man vor der knöchernen Alveole sitzt, weiß man, ob das technisch überhaupt möglich sein wird.
Wenn man dann aber, im worst-case-Fall ein osseointegriertes Implantat in regio 48 hat, dann wird man sich die Füße küssen können, weil auch dann noch ein festsitzender Zahnersatz möglich sein wird.
Wenn es am Ende gelingt ein Implantat in regio 47 und 48 knöchern zu verankern, kann man darüber nachdenken, ob man ein Implantat oder beide Implantate versorgt. Wenn man so will ein Luxusproblem.
Wenn man aber am Ende mit gar keinem Implantat im distalen Alveolarkammbereich dasteht, dann ist für die Patientin Schicht im Schacht, weil es dann nämlich nicht mehr um einen festsitzenden Zahnersatz mit dem Gefühl, das seien die eigenen Zähne, geht, sondern dann sind wir ganz schnell beim Thema "Herausnehmbarer Zahnersatz".
Dar+ber kan man viel reden, was das in der Realität bedeutet erleben viele Patientinnen erst dann äußerst schmerzvoll, wenn sie eine derartige Apparatur im Munde tragen müssen.
Und den will die Patientin, die auch sonst viel Zeit und Energie auf ihr Äußeres verwendet, auf jeden Fall vermeiden.
Wenn man nämlich Zahn 48 entfernt hätte, und kein Implantat inseriert und erst mal abgewartet hätte, ob es gelingt, nach der Entfernung des Zahnes 47 ein Implantat zu inserieren, um nach einem möglichen Misserfolg, dann auf einmal auf die Idee zu kommen in regio 48 implantieren zu wollen, kann man mit tödlicher 99,9% Sicherheit davon ausgehen, dass die Knochenalveole in der Zwischenzeit von mehreren Monaten vertikal so stark eingesunken wäre, dass selbst das dickste und kürzeste Implantat dort nicht mehr zu verankern gewesen wäre.
Also kurz gesagt: Im Zweifelsfall lieber ein Implantat zuviel und ein festsitzender Zahnersatz, statt an der falschen Stelle gespart und am Ende gar kein Implantat und dafür dann eine herausnehmbare Prothese.
Das sind eben alles Dinge, die sich ein Behandler vor einer Behandlung vor Augen halten muss und selbstverständlich auch seinem Patienten, damit nicht das passiert, was immer wieder passiert, allerdings nicht in dieser Praxis:
"Wenn ich das vorher gewusst hätte, dann hätte ich das natürlich anders machen lassen!"
So arbeiten wir uns langsam durch die einzelnen Quadranten und ersetzen langfristig nicht erhaltungsfähige Pfeilerzähne durch Implantate, um dann, wenn alle vier Stützzonensextanten versorgungsfähig sind, nach über 20 Jahren Tragezeit der letzten funktionstherapeutischen Rekonstruktion, die Patientin noch einmal mit dem Ziel neu zu versorgen, bis weit an das Lebenseende der Patientin.
In der Zwischenzeit wird die Patientin stets nur mit Laborgefertigten Dauerprovisorien versorgt, auch wenn diese teilweise mehrere Jahre in Funktion verbringen müssen.