Patient aus Darmstadt reist mit einem neuen Aufbissbehelf ab
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Der Fall, der Ablauf und noch mehr die prognostische Beurteilung ist interessant.
Der Patient kam mit einem Beschwerdelevel von 10, man kann sagen: Arbeitsunfähig.
Heute, knappe zwei Jahre später liegt der Beschwerdelevel bei 1-2, aber der Patient beklagt punktuell ein ungutes Gefühl mit seinem Biss.
Noch mehr: Dieses Problem ist objektivierbar und war der Grund, warum kurz nach Abschluss der Rekonstruktion vier Vollkeramiken erneuert wurden, nachdem es genau in diesem Bereich zu den beschriebenen Problemen gekommen ist, die genau die gleichen waren, wie jetzt, da der Patient erneut kurzfristig zur Behandlung erschienen ist.
Wo liegt das prinzipielle Problem der CMD Behandlung?
Unter anderem in einer stark gesteigerten okklusalen Empfindsamkeit des Patienten.
Das wird nun alles sehr sorgsam und aufwändig geprüft, bevor eine funktionstherapeutische Rekonstruktion beginnt.
In aller Regel wird diese irgendwann abgeschlossen, dem Patienten geht es gut und alles ist in Butter.
Es gibt aber Patienten, das sind wenige, bei denen kommt es zu Problemen und das meist an der immer gleichen Stelle. So auch hier.
28 Zähne sind eingestellt worden und immer nur in der Region 36 und 37 scheint sich etwas zu ändern.
Bildlich gesprochen hat man das Gefühl da sitzt einer unter den beiden Zähnen und kurbelt die mit einem Wagenheber jeden Tag ein paar Mikrometer nach oben.
Man kann das nicht beweisen, man kann es nicht messen, man sieht es nicht.
Man hört, was der Patient sagt, nimmt Prüffolien im Bereich weniger 1/1000 Millimeter und stellt fest: Das ist so, da verändert sich etwas.
Wohlgemerkt im Bereich weniger 1/1000 Millimeter.
Nun kommen folgende Überlegungen auf.
Gehen wir mal davon aus, der Arzt habe etwas falsch gemacht, ist es dann wahrscheinlich, dass der Arzt zweimal hintereinander an derselben Stelle etwas falsch macht?
Will sagen: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Blitz zweimal an derselben Stelle einschlägt? Nicht sehr hoch, wird man sagen.
Wahrscheinlicher ist es also, dass da an de selben Stelle im Mund immer wieder etwas passiert und man gar nicht weiß, was und warum da etwas passiert.
Nun haben ja zahnärztliche Behandlungen in der Regel etwas Endgültiges.
Der Zahn, der gezogen wurde ist weg und kommt auch nicht wieder.
Das Loch im Zahn wird mit einer Füllung versorgt und regelmäßig bleibt die auch im Zahn drin.
Der Biss wird eingestellt und so wünscht man sich das bleibt das nun auch ewig und auf Dauer so.
Oftmals scheint das auch so zu sein, obwohl das Niemand prüft.
Niemand prüft, ob bei Patienten, die nach einer funktionstherapeutischen Rekonstruktion keine Beschwerden mehr auftreten, der Biss wirklich immer der Gleiche bleibt. Weshalb sollte man aufwändig und für viel Geld den Biss von Patienten prüfen, die keine Beschwerden mehr haben?
Und genau jetzt beginnt das Problem: Dass es Patienten gibt, bei denen Veränderungen der Okklusion zu dem langsamen Wiederauftreten funktioneller Beschwerden führt ist nachweislich so.
Man kann aus besagtem Grund aber eben gerade nicht sagen, dass nur bei denen Veränderungen der Okklusion eintreten und bei den anderen Patienten nicht.
Die Wahrheit ist nämlich die, dass man es bei den anderen Patienten gar nicht überprüft, weil es dafür keine Indikation gibt es zu prüfen.
Und so ist man genauso schlau wie zuvor und wird auch nicht schlauer.
Letzten Endes wird man in diesen Fällen zu der Meinung gelangen müssen, dass man nur hoffen kann, dass der Patient es schafft sich von dem Thema zu lösen.
Man muss wohl davon ausgehen, dass eigentlich fast jeder, der unentwegt seinen Biss prüft, irgendwann zu der Meinung kommt, dass da was nicht stimme und eine Empfindlichkeit entwickelt.
Dazu dient nun auch der Aufbissbehelf in diesem Fall. Zum einen für die Nacht zum anderen, um in einer Stresssituation, in der der Patient es mal wieder nicht hinbekommt unentwegt seinen Biss zu prüfen, diesen Aufbissbehelf zwischen seine Zahnreihen schiebt, um diesen "Zwangsmechanismus" zu unterbrechen.
Wie man unschwer sehen kann besteht die Behandlung von CMD Patienten aus weit mehr, als der Erhebung der Symptome, der Eingliederung eines Aufbissbehelfs oder der Einstellung der Bisslage mit zahntechnischen Restaurationen.
Es geht darum sich Gedanken zu machen, was der Patient wohl so alles macht und dabei ist man häufig heilfroh, dass man sich derartiges nicht selbst aneignet.
Der Patient fährt, bestens instruiert, ab und wir hoffen, dass der Patient es schafft mit den ganz normalen Veränderungen in seiner Okklusion besser klar zu kommen, denn eines ist sicher:
Der Glaube, alles am Körper ändere sich jeden Tag ein bisschen mehr, die Falten im Gesicht werden größer, die Augen schlechter, die Gelenke schmerzhafter, nur der Biss, der bleibe alltäglich bis in den Mikrometerbereich hin immer gleich, dieser Glaube ist eben auch nur ein Glaube, hat aber nichts mit der Realität des Lebens zu tun.
Und dass die Falten nicht alle gleichmäßig tiefer und schlaffen werden, das weiß ein Jeder, der sich mit diesem Thema beschäftig.
Auch kann man sagen, dass es häufig eben so ist, nehmen wir das Beispiel des Diabetes, dass es eben nicht damit getan ist, dreimal eine Insulinspritze zu geben und dann ist das Problem gelöst. Nein, der Patient benötigt ein Leben lang die künstliche Zufuhr von Insulin undNiemand würde auf die Idee kommen dafür einen Arzt verantwortlich zu machen.
Und so muss man einfach sagen, gibt es eben CMD Patienten, die werden immer eine Nachbetreuung benötigen, weil es sich bei einer CMD um ein chronisches Erkrankungsbild handelt, bei dem man oftmals das Glück hat, dass ergriffene Behandlungen viele Jahre lang stabil für eine gute Beschwerdesituation des Patienten sorgen.
Das bedeutet aber eben nicht, dass es auch Patienten gibt, die, aus welchen Gründen auch immer, eine engere Betreuungun und auch Intervention verlangen, als andere.
Das ist ebe auch Teil der Wahrheit im Bereich CMD.
Das es für den Patienten keine wirklich Alternative war mit einem Beschwerdelevel von 10 und bestehender Arbeitsunfähigkeit den Rest seines Lebens zu verbringen, ist ebenso Teil dieser Wahrheit.
Die Hoffnung: Eine Behandlung und dann ist lebenslang Ruhe, die ist in derartigen Fällen immer da. Oftmals wird aus der Hoffnung mit zunehmender Zahl der beschwerdefreien Jahre Gewissheit. Das bedeutet aber eben nicht, dass in Fällen, in denen das nicht so optimal läuft irgend etwas falsch gelaufen wäre, sondern eben nur, dass es Fälle gibt, die glücklicher ablaufen, als andere Fälle.
Wo diese Fall sich hinwenden wird, wird man erleben.
Jetzt gilt es erst einmal darum Maßnahmen zu ergrifen, die Ruhe in den Fall bringen sollen. Dazu dient der zusätzliche Aufbissbshelf für die genau benannten Indikationen.