Langjährige 94 Jahre alte Patientin aus der Region Kiel zur Aufarbeitung bestehender Prothesen

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Eigentlich ein scheinbar einfacher Fall.

Die Patientin haben wir seit 25 Jahren in Behandlung und von unserem Vorgänger übernommen.

Vor knappen zwei Jahren wurden eine Oberkiefertotalprothese und eine Unterkieferteleskoparbeit umfassend überarbeitet.

Nun meldet sich die Patientin, weil sie das Gefühl hat, dass die Prothesen nicht mehr richtig sitzen. Dafür spricht nach zwei Jahren Prothesennutzung, ohne Kontrollen einiges.

 

Es liegen folgende Begleitumstände vor:

  1. Keine öffentlichen Verkehrsmittel am Wohnort
  2. Kein Zahnarzt in persönlich erreichbarer Nähe
  3. Taxifahrten nach Darlegung der Patientin nicht möglich
  4. Patientin möchte bei ihrem langjährig gewohnten Behandler bleiben.
  5. Gefühl, dass die Arbeiten nicht mehr richtig sitzen
  6. Wunsch nach dem sicheren Gefühl, dass die Prothesen auch in den kommenden Jahren ihren Dienst erfüllen können.

 

Wie stellt sich nun die bestehende Versorgung dar?

  1. Besser als gedacht für zwei Jahre intensive Nutzung
  2. Oberkieferprothese kippelt, weil nicht unterfüttert
  3. Unterkieferprothese müsste ebenfalls unterfüttert werden
  4. Ersatzprothese sind nicht vorhanden

 

Überlegungen des Behandlers:

  1. Was passiert, wenn die Patientin sich mit einem Prothesenproblem meldet und nicht mehr in die Praxis kommen kann?
  2. Welche Behandlungen wären im Wohnzimmer der Patientin realistisch durchführbar?
  3. Wie hoch ist der Kostenaufwand für eine jetzige "Reparatur" der verschleißbedingt notwendigen Maßnahmen?
  4. Wie hoch ist der Kostenaufwand für eine grundsätzliche Überholung einer zum jetzigen Zeitpunkt nicht grundsätzlich notwendigen Generalüberholung der Prothesen, in gleicher Art wie vor zwei Jahren?
  5. Was machen wir, wenn in zwei Jahren, nach also vier Jahren Nutzungsdauer, der vor zwei Jahren generalüberholten Versorgungen, eine Generalüberholung notwendig werden würde, vor allem dann, wenn die Patientin nicht mehr in die Praxis zu mobilisieren sein könnte und eine adäquate Versorgung im Wohnzimmer der Patientin realistisch nicht durchführbar ist? Beispielsweise fehlende Absauganlage.

 

Grundsätzlich steht die Frage im Raum, wer eigentlich entscheidet, was bei der Patientin sinnvollerweise gemacht werden sollte?

Die Lösung des Ganzen ist so einfach, wie heute oftmals unüblich. Der Behandler stellt der Patientin und ihrer Begleitung (KFZ-Transport-Familie) seine Überlegungen  aus allen Perspektiven dar und erklärt, dass er nicht in der Lage sei eine Entscheidung zu fällen. Das könne nur die Patientin, hier in Absprache mit ihrer familiären Begleitung.

Zur Besprechung werden Patientin und Begleiterin allein im Behandlungszimmer gelassen.

Am Ende fällt die Entscheidung die Prothesen genauso grundzuüberholen, wie das vor zwei Jahren geschehen ist, weil man sich von der Maßnahme verspricht, dass nach heutiger Erkenntnis dann die überarbeiteten Prothesen bei etwa gleichartiger Abnutzung zukünftig dann nicht nur zwei Jahren halten werden (Patientin dann 96 Jahre alt), sondern, wenn dann Probleme eintreten sollten, auch noch über das 96. Lebensjahr hinaus.

Man kann in dieser Sache und zwar vorrangig aus wirtschaftlichen Gründen ganz unterschiedliche Auffassungen vertreten. Diese wurden heute alle umfangreich diskutiert und es ist dann nicht die Aufgabe des Arztes den Patienten in eine ihm scheinbar als richtig empfundene Richtung zu führen, sondern die Entscheidung der Patientin anzunehmen und umzusetzen, so lange sich diese im Rahmen des Vertretbaren befindet.

In der Conclusio könnte man sagen, die Patientin gibt jetzt mehr Geld für eine Generalüberholung aus, als man aus aktueller, objektiver Sicht ausgeben müsste, um die Prothesenfunktion zu erhalten, kauft sich damit aber eine bessere Prognose für die zukünftige Zeit ein, in der sie dann vielleicht nicht mehr in der Lage ist die Praxis des Verfassers persönlich aufzusuchen.

Das ist am Ende die Quintessenz, die aber in den heute üblichen Diskussionen oftmals verloren geht, in der es häufig nur um oberflächliche und vor allem wirtschaftliche Betrachtungen geht, die aber an den konkreten Lebensumständen und Wünschen der Betroffenen häufig und regelmäßig vorbei zielen.

Dabei und das ist oftmals noch die Krux an der Sache versuchen wirtschaftliche Bewertungen in Überlegungen einzubeziehen, die in Geld gar nicht aufgewogen werden können.

Sich dabei im Nachhinein oftmals auch noch herausstellt, dass es besser gewesen wäre zum noch mögluchen Zeitpunkt lieber mehr zu investieren, als damals unbedingt notwendig, als dann, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, feststellen zu müssen, dass selbst mit allem Geld dieser Welt das Problem, das man gestern noch mit Aufwand hätte lösen können, angesichts einer zwischenzeitig eingetretenen, altersbedingten Verschlechterung der Situation, nicht mehr zu lösen ist.

Alles schon selbst erlebt!

 

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