Langährige Patientin mit typischem Altersproblem
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Derartige Fälle werden im Zusammenhang mit der Überalterung der Gesellschaft immer häufiger.
Versorgungskonzepte, die langjährig funktioniert haben lösen sich nach vielen Jahren der Nutzung auf und die Patienten fragen, wie es weitergehen soll.
Auf der einen Seite möchte der Patient weiterhin hochwertig versorgt werden. Gleichzeitig soll der finanzielle Aufwand überschaubar sein. Dann weiß Niemand wie alt der Patient werden wird, sprich wie lange ein neues Versorgungskonzept halten soll.
Alles Fragen und Anforderungen und der Arzt soll es wissen. Der weiß es aber nicht und mag auch nicht darüber spekulieren, wie alt der Patient wohl noch werden möge.
Dahinter stehen Versicherungen und Kostenträger, die weit mehr über diese Zusammenhänge nachdenken, nur es nicht sagen wollen, weil das die typischen Tabuthemen in der Gesellschaft sind.
Hinzu kommt, dass Versorgungskonzepte, die mit 70 technisch und gesundheitlich noch machbar sind mit 80 nicht mehr machbar sein werden.
Dann ist es sicherlich Thema, dass altersbedingt Heilungsprozesse anders ablaufen, als in jungen Jahren. Dieses Thema steht wiederum in einem gewissen Kontrast zu Heilsversprechen aus dem Medizinbetrieb. Beispielhaft seien solche Konzepte benannt: Morgens die Implantate gesetzt, abends die zahntechnische Versorgung drauf gesetzt.
Die Widersprüche und Anforderungen an den Behandler, der solle alles wissen und dann die richtigen Entscheidungen fällen, sind übergroß und nicht zu erbringen.
Der Behandler soll das medizinisch mögliche Topniveau sicherstellen, das Ganze natürlich zu möglichst geringen Kosten und Belastungen von Patient und Kostenträger und dann noch haftungsrechtlich dafür gerade stehen, wenn die Erwartungen nicht erfüllt werden, ist zwar Vorstellung unter anderem auch der Gesundheitspolitik, aber genauso unausgegoren und naiv.
Dass Ärzte sich zunehmend in eine Defensivmedizin zurück ziehen werden, weil Niemand mehr bereit sein wird ein persönliches Risiko auf sich zu nehmen, von dem zwar alle profitieren, Gesellschaft, Patient, Kostenträger, nur der Arzt nicht, ist vorhersehbar.
Der Trend von Versicherungen den Arzt haftbar machen zu wollen, weil ein rekonstruierter CMD Patient nach fünfeinhalb Jahren Versorgung auf einen Kirschkern beißt und die AXA Versicherung dann an den Behandler herantritt, dieser möge seitenlange Schreiben erbringen und nun erklären, warum die Krone erneuert werden muss, ist krank!
Einen anderen Ausdruck kann man dafür gar nicht benutzen. Genauso krank, wie das ganze System, in dem wir arbeiten und leben und die Vorstellung haben Jeder könne im Gesundheitsbereich alles haben und wenn das nicht zu bezahlen sei, dann liege die Lösung darin die Arzthonorare anzugleichen. was wohl kaum bedeuten wird, diese nach oben anzupassen, sondern abzusenken, damit dann auch Jeder alles erhalten kann, was er meint worauf er Anspruch habe.
Jede Gesellschaft produziert die Krankheiten, die sie verdient. Das erleben wir zunehmend, wenn wir erfahren, dass es immer mehr psychisch Erkrankte in diesem Land gibt. Das dürften noch viel mehr werden und die Idee, hier müssten alle Patienten gleich behandelt werden, diese Idee hatten wir schon mal und zwar in der DDR.
Wir halten es nicht für ausgeschlossen, dass das alles sogar noch einmal zu unseren Lebzeiten wiederkommt.
Das unauflösbare Problem besteht simpel gesagt darin:
Je länger ein Patient zahnärztlich hochwertig versorgt wird, das heißt je älter er mit dieser Versorgung geworden ist, umso schwerer ist es den Patienten im Alter auf eine primitivere Versorgungsform umzustellen. Über den Daumen gepeilt kann sagen, dass alles, was aus Plastik ist, primitive Zahnheilkunde darstellt. Und angenehmer Nebeneffekt, billig ist.
Daraus aber nun den Schluss zu ziehen, weil sich der Patient an diese Umstellung im fortgeschrittenen Alter nicht mehr gewöhnen kann, man nennt es Compliance, sei es dann sinnvoll den Patienten schon in jungen Jahren auf eine primitive zahnärztliche Versorgung umzustellen, ist zwar das prinzipielle Konzept der Gesetzlichen Krankenversicherung, aber eben nicht das Konzept aller Patienten. Beispielhaft sei meine eigene Großmutter angeführt, geboren 1912, der man bei Eintritt in die Ehe, bereits in jungen Jahren alle Zähne entfernt und mit einer Totalprothese aus Kunststoff versorgt hatte, weil man damals in den einfachen Bevölkerungsschichten teure Ausgaben für den Zahnarzt verhindern wollte und tragfähige Recall Konzepte zum Erhalt der eigenen Zähne nicht vorhanden waren.
Vielleicht ist das einmal die Möglichkeit darzustellen, was der konkrete Unterschied zwischen gesetzlich krankenversichertun und privat versichert bedeutet.
Ein gesetzlich Krankenversicherter bekommt keine Implantate sondern herausnehmbaren Zahnersatz. Also wird er allein schon über den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung von den eigenen Zähnen über festsitzenden Kronen und Brücken als nächstes auf herausnehmbaren und später totalen Zahnersatz hingeleitet. Man könnte es auch so formulieren, dass der GKV Patient ganz ungewollt schon in jungen Jahren, in denen noch eine gute Compliance herrscht an minderwertige zahnärztliche Versorgungen heran geführt wird.
Das hört sich hart an, so ist das allerdings zumeist mit den einfachen Wahrheiten des Lebens.
Der Privatversicherte muss sich aber nicht an minderwertige zahnärztliche Versorgungen heranführen lassen, sondern hat die Möglichkeit Zähnen durch Implantate ersetzen zu lassen, und damit herausnehmbaren Zahnersatz zu vermeiden.
Aber, dann steht er eben eines Tages da mit dem Anspruch, das möge so bleiben, nur der Aufwand, der betrieben werden muss wird immer größer und der private Krankenkassenkostenträger möchte den Patienten aus wirtschaftlichen Gründen auch gerne auf einen minderwertigen Zahnersatz umstellen, weil das einfach billiger ist.
Sonst würde das ja keiner wollen. Und wenn man den Versicherten eben erzählen möchte, dass des in der GKV im Alter billiger sei, dann nicht deshalb, weil die bösen Ärzte einfach weniger verdienen würden, sondern weil es dann im Alter eben nur noch minderwertigen Zahnersatz gibt. An dem die Ärzte dann tatsächlich auch weniger verdienen. Aber der Effekt kommt schlichtweg dadurch zustande, dass Zähne, die nicht mehr da sind auch nicht mehr versorgt werden können und die Versorgung von Zähnen, die nicht mehr da sind, aber durch Plastik ersetzt werden müssen, schlichtweg billig ist.
So einfach ist das eigentlich, erzählt den Leuten nur Niemand, weil es natürlich der Sinn der Sache ist den GKV Versicherten zu erzählen sie hätten den Himmel auf Erden und müssten dafür sogar noch weniger bezahlen, als die privat Versicherten und in Wahrheit hat bei der Gesetzlichen Krankenversicherung Niemand, aber auch wirklich Niemand ein Interesse daran, dass der Patient seine eigenen Zähne bis ins hohe Alter behält.
Ob es wirklich sinnvoll ist, dass die Privaten Krankenkassen ihr Heil dann darin sehen mit der GKV konkurrieren zu wollen, darüber allerdings kann man geteilter Auffassung sein.
Dass zum Beispiel GKV Versicherte, wenn sie an einer CMD leiden schlichtweg unversichert sind, auch dann, wenn sie arbeitsunfähig werden und trotzdem keine Behandlung erhalten, das gehört zu den gut gehüteten Geheimnissen dieses Versicherungswesens.
Aber, der Patient kann dann ja in eine Schmerzklinik, oder vielleicht zum Yoga Kurs. Das hilft zwar nicht, aber wenigstens schreibt man sich dann auf die Fahne, dass man ja auch was habe, gegen CMD. Natürlich auch die viel gepriesene Knirscherschiene, die nur Niemandem hilft.
Was machen wir nun bei dieser Patientin?
Abwarten, solange sich die Sache noch trägt und dann schauen, was die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Möglichkeiten der Patientin hergeben und Beihilfe und vor allem private Krankenversicherung bereit sind in die Patientin zu investieren.