CMD-Patientin aus Brandenburg mit einem sehr speziellen Problem
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Der Patientin ginge es nicht gut. Die Beschwerden im Bereich des rechten Oberkiefers seien wieder vorhanden. Genau die Beschwerden, mit denen sich die Patientin schon im Vorwege von Behandler zu Behandler geschleppt habe. Der Beschwerdelevel liege bei ca. 6-7.
Im Prinzip war bereits ein Plan entwickelt, wie man sich dem Thema nähern könne, denn die Patientin hat ein Gefühl, als wenn sie ins Leere beißen würde.
Dazu kämen möglicherweise Probleme mit Zahnachsenneigungsänderungen in der Front. Diese hätten sich möglicherweise erst im Nachhinein eingestellt.
Vor allem aber, ginge es um Gefühle!
Und genau da beginnt das Problem, denn wie wir aus jahrzehntelanger Praxis wissen, können Gefühle trügen. Vor allem dann, wenn sie mit der Okklusion des Patienten zu tun haben.
Nun kommt hinzu, dass hier zwei Welten aufeinander treffen.Zum einen der betroffene Patient, der das ja alles sozusagen in Echtzeit 24 Stunden am Tag im Mund und an seinem Körper erlebt. Zum anderen der Behandler, der diese Dinge schon zigmal erlebt hat und den Verdacht hat, dass die Ursache dieser Gefühle weit trivialer sein können, als sich der Patient das vorzustellen vermag.
Lange Rede kurzer Sinn, und zum Glück war genügend Zeit diese Erkenntnis zu gewinnen, denn auch das ist ein Thema, über das nicht gerne gesprochen wird, dass der Patient nachvollziehbarerweise das Bedürfnis hat mit seinem Problem im Mittelpunkt des ärztlichen Interesses zu stehen, der Arzt wiederum auch noch ganz andere Überlegungen hat, wenn er sich in das Behandlungszimmer mit seinem Patienten begibt. Und sei es nur den, dass in einer halben Stunde eine anderer Patient mit genau der gleichen Erwartungshaltung die Praxis betritt.
Was also ist nun geschehen?
Nach wirklich ausschweifenden Prüfungen der Okklusion, bis in den Shimstockbereich, wurden probehalber neue Kontaktpunkt auf die oberen Präomlaren aufgebracht. Für einen Laien, der daneben gestanden hätte, kaum sichtbar, für die Patientin hingegen die Offenbarung.
Im Anschluss wurden Modelle gewonnen, um die jetzige Situation zu dokumentieren und das nächste Ziel besteht nun darin eine geringe Anzahl von Dauerprovisorien zu erneuern und bestimmte Kontaktpunkte anders zu legen und zu gestalten, als das bisher der Fall ist.
Jeder Normalpatient würde sich das ansehen und würde sagen: "Die spinnt, die Frau!"
Ist hier nur ein Fehler passiert?
Nein! Denn das ist der Sinn Laborgefertigter Dauerprovisorien. Genau solche Dinge auszuprobieren und zu testen, ob ein praktiziertes Okklusionskonzept zu diesem Patienten passt. Wenn nicht, dann hat Nieman etwas falsch gemacht, sondern es beginnt die Suche, woran es liegen könnte und was man tun müsste, um das Behandlungsergebnis zu verbessern.
Dabei muss man immer im Hinterkopf haben, dass es inzwischen auch andere Faktoren geben könnte, zu den beschriebenen Beschwerden, denn das sind nicht automatischerweise immer Schmerzen, führen könnten.
Für de Patienten ist das alles natürlich immer sonnenklar, für den erfahrenen Behandler hoffentlich nicht. Denn nur allzu oft, so auch in diesem Fall, neigt der Patient zum sogenannten
"Post hoc, ergo propter hoc-Trugschluß"
Was ist das genau?
Der Patient neigt dazu aus einer Korrelation, hier meistens einer zeitlichen Korrelation auf eine Kausalität zurück schließen zu können.
"Damals, als die Situation so und so war, da ging es mir gut. Jetzt, da die Situation so und so ist, geht es mir schlecht. Also muss der Unterschied zwischen a und b die Ursache für das Auftreten meiner Beschwerden sein".
Ungefähr so hört sich das dann an.
Dabei kann es so sein, wie der Patient sich das denkt, oftmal aber besteht zwar eine Korrelation aber keine Kasualität.
Dieses Problem ist übrigens auch vielen Zahnärzten nicht bekannt und leider, so muss man das sagen auch vielen Gutachtern nicht. Es gehört offensichtlich zum menschlichen Denken aus Korrelationen auf Kausalitäten zu schließen. Dabei liegt das eigentliche Problem mist tiefer und bedarf zum einen größerer Erfahrung und zum anderen auch die Bereitschaft sich von festgefahrenen Denkstrukturen zu lösen.
Wie war das noch damals, als man mit der und der Frau zusammen war, und man damals doch total glücklich gewesen sei und wenn man nur diese Zuständen zurück holen könnte, dann wären alle Probleme der Jetztzeit klein und nichtig. So ähnlich besingt es Reinhar Mey in seinem Lied "Über den Wolken".
Genau das ist leider der Trend in der Zahnheilkunde, worüber wir hier schon mehr als einmal berichtet haben. Aber eben nicht unser Arbeitsstil. Solange es noch gelingt okklusale "Stör"Kontakte für bestimmte Symptome ursächlich verantwortlich zu machen, so lange ist das Thema Okklusion nicht ausgereizt und schon lange keine Indikation für eine psychiatrische Ursache des Problems.
Wir haben immer wider mal Patienten, meist Patientinnen, die auf Biegen und Brechen weg wollen von der Thematik, die Okklusion sei zwar für ihre Beschwerden verantwortlich, aber die mögliche Therapie dürfe dann keine okklusalen Veränderungen erfordern.
Was diese Betroffenen nur nicht erkennen, dass der einzige Weg, der zwar von einer okklusalen Ursache, aber keiner okklusalen Lösung führen könnte, der Weg weg vom zahnärztlichen CMD-Behandler, hin zum Psychiater ist. "Okklusale Dysästhesie" nennt sich dafür das heutige Zauberwort.
Das Problem an diesem Ansatz ist eben nur der, dass der Psychaiter in seinem Tornister nichts, aber auch gar nichts hat, um Patienten mit einem okklusalen Problem zu helfen.
Nur das ist leider vielen der sogenannten "Ich weiß inzwischen besser, als jeder Zahnarzt, bei dem ich bisher war, was mir hilft" nicht so ganz klar.
Nun ist das alles nicht als Kritik an der Patientin dargestellt, sondern um ein Problem zu beschreiben, für das es vielleicht auch keine wirkliche Lösung gibt. Am ehesten noch die, dass man versucht aus ärztlicher Sicht darüber zu berichten, in de Hoffnung, der mögliche Patient für einen derartigen Zwischenfall möge es lesen, bevor es erneut passiert.
Wahrscheinlich is das aber eher nicht.
Nun gilt es übrigens abzuwarten, wie die Singe sich entwickeln werden und genau das ist der Sinn Laborgefertigter Dauerprovisorien.
Machen! Abwarten und reevaluieren.
Genau das machen wir und wenn es gut läuft machen wir da, wie üblich, über einen Zeitraum von ca. 6 bis 9 Moonaten.