Alterszahnheilkunde und "CMD-Behandlung"
Immer häufiger werden wir im CMD-Centrum-Kiel mit der Situation konfrontiert, dass auch ältere Patienten sich mit ihren funktionellen Beschwerden zur Behandlung vorstellen. Bei Patienten mit einem guten allgemeinmedizinischen Status, gutem Zahnbestand und guten knöchernen Verhältnissen der Kiefer stellen sich Untersuchung und Behandlung einer CMD letztendlich nicht anders dar als bei jüngeren Patienten.
Die Realität sieht hingegen in vielen Fällen vollkommen anders aus!
Häufig stellen sich ältere Patienten mit anderen systemischen Begleiterkrankungen vor, u.a. Herzkreislauferkrankungen, häufig verbunden mit regelmäßiger Medikamenteneinnahme.
Kritisch wird es dann, und diese Zahl der Fälle nimmt stetig zu, wenn zusätzlich zu den systemischen Erkrankungen hinzukommen: Umfangreicher Zahnverlust und noch komplexer, wenn sich in diesen Fällen die knöchernen Verhältnisse der Kieferkämme stark reduziert darstellen.
Als fast unlösbar stellen sich dann Verhältnisse dar, wenn nur noch ein reduzierter Zahnbestand, ein reduziertes Knochenangebot der Kiefer und dazu noch systemische Erkrankungen vorliegen, die mit der Einnahme blutverdünnender Medikamente verknüpft sind. Chirurgische Maßnahmen sind hier äußerst erschwert, aber eben gerade in diesen Fällen fast immer zwingend notwendig.
Eines zeigt sich immer wieder. „CMD-Patienten“ benötigen in aller Regel einen festsitzenden Zahnersatz! Und zwar vor allem im Bereich der Backenzähne! Die Patienten, die Zähne verloren haben, haben diese aber zumeist im Bereich der Backenzähne verloren. Bei „CMD-Patienten“ ist es daher geradezu zwangsläufig, dass im Rahmen einer funktionstherapeutischen Behandlung nicht mehr vorhandene Backenzähne durch im Knochen verankerte Implantate neu geschaffen werden müssen! Man könnte sagen: Ohne vorhandene knochenverankerte Zähne/Implantate im Backenzahnbereich keine funktionstherapeutische „CMD-Behandlung“!
In fast allen diesen Fällen stellt sich stets die Frage, warum nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt Versuche unternommen worden sind die Funktionen des Kauorgans rechtzeitig zu sichern, indem im Backenzahnbereich für Zähne oder Implantate gesorgt wurde? Zum Beispiel dadurch, dass nach dem Verlust von Zähnen Implantate gesetzt wurden, um ein weiteres Schrumpfen des Kieferknochens zu verhindern.
Prinzipiell kann man sagen: Solange etwas im Kieferknochen steht, sei es ein Zahn oder ein Implantat, ist das Schwinden des Kieferknochens gehemmt bis stark verlangsamt. Sobald nichts mehr im Kieferknochen steht schmilzt der Kieferknochen wie Schnee in der Sonne.
Die Erfahrung zeigt, dass es hier vor allem zwei Gründe sind, die zu diesen nur schwer zu behandelnden Zuständen führen.
Zum einen liegt es häufig daran, dass diese Patienten nicht rechtzeitig und vollständig genug aufgeklärt wurden.
Zum anderen drängt sich aber auch häufig der Eindruck auf, dass die Patienten, zum einen aus wirtschaftlichen Gründen, zum anderen aus einem Irrglauben heraus, sinnvolle und notwendige Behandlungen auch noch zu einem späteren Zeitpunkt durchführen lassen zu können, diese sinnvollen Maßnahmen unterlassen haben.
In diesem Zusammenhang muss auf einem weit verbreiteten Irrtum eingegangen werden. In dem Glauben, die moderne Medizin könne heute alles leisten, gibt es auch heute noch viele Menschen, die glauben am menschlichen Körper sei letzten Endes alles reparabel und wieder herstellbar. Ähnlich wie bei einem alten Auto.
Die Werbung in der Medizin und durchaus auch manche Mediziner schüren diesen Irrglauben. Die Realität sieht hingegen anders aus!
Die Wirklichkeit ist nach wie vor die, dass auch heute noch starke Einschränkungen vorliegen, was den zur Implantation notwendigen Kieferknochen betrifft. Es existieren zwar bewährte Techniken Knochenverluste in einem bestimmten Umfang auszugleichen, doch stoßen diese Techniken auch heute noch an ihre Grenzen. Prinzipiell liegt man gut mit der Einschätzung: „Was weg ist, ist weg und selbst wenn man es wieder auffüllt ist die Gefahr groß, dass der Knochen wieder schwindet!“
Stark erschwert wird diese schon schwierige Lage dadurch, dass die mit höherem Alter verbundenen häufigen systemischen Erkrankungen mit Medikamenteneinnahme, hier vor allem blutverdünnenden Medikamenten verbunden sind.
So kommt es nicht selten zu der Situation, dass ältere Patienten zum einen über einen hohen Behandlungsbedarf verfügen, häufig auch über die notwendigen finanziellen Mittel. Eine zielführende Behandlung aber dennoch nicht möglich ist, weil die Nebenwirkungen laufender, anderweitiger, systemischer Erkrankungen, verbunden mit regelmäßiger Medikamenteneinnahme, einer zahnärztlich funktionellen "CMD-Behandlung" entgegenstehen.
Was ergibt sich als Quintessenz derartiger Überlegungen?
Wenn man zu den Patienten gehört, die an funktionellen Beschwerden leiden, sollte man frühzeitig einen Plan entwerfen, wie man eine ursächliche Behandlung konzipieren könnte, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem Behandlung aus medizinischer Sicht noch gefahrlos möglich und durchführbar sind.
Wenn das Haus erst einmal brennt, wird es sehr schwierig noch eine Sanierung maroder Bausubstanz durchzuführen!
Dabei sollte man immer im Hinterkopf haben, dass die Menschen heute 80 bis 90 Jahre alt werden. Ein 60 jähriger muss also möglicherweise noch 30 Jahre mit seinem Kauorgan leben!
Insofern erscheint es sinnvoll und geradezu notwendig auch im Alter von 60 oder 70 Jahren noch umfangreiche Behandlungen in Angriff zu nehmen. Zum einen, weil die Menschen immer länger leben, zum anderen, weil die Gefahr mit zunehmendem Alter auch an Herzkreislauferkrankungen zu leiden, verbunden mit den genannten Problemen, stetig zunimmt.
Es gibt dann bedauerlicherweise Fälle, in denen man Patienten mitteilen muss, dass eine Behandlung zwar prinzipiell möglich wäre, aber unter den gegebenen Umständen nur noch mit großen Risiken und Erschwernissen. Es in der Gesamtabwägung dann möglicherweise besser ist mit den chronischen Schmerzen und Beschwerden weiter zu leben, auch wenn dies einen Verlust an Lebensqualität bedeutet.
In der Gesamtbetrachtung kann man daher nur den Rat geben sich zu gegebener Zeit Gedanken darüber zu machen, wie man im Alter leben möchte, was das eigene Kauorgan betrifft. Der Glaube mit Geld sei alles zu regeln, egal wann man sich für eine Lösung entscheidet ist ein Irrglaube, der für Manchen eine bittere Pille in einer Lebensphase darstellt, in der man doch meinte all das nachholen zu können, was zuvor versäumt oder auf die lange Bank geschoben wurde!