Aligneranbieter stellt globale Aktivitäten mit sofortiger Wirkung ein

„SmileDirectClub hat die unglaublich schwierige Entscheidung getroffen, seine globalen Aktivitäten mit sofortiger Wirkung einzustellen“, schreibt das US-Unternehmen. Der Kundendienst sei nun nicht mehr verfügbar. Das gilt auch für die Aligner-Direktbehandlung über die SmileDirectClub-Webplattform.
Die Pandemie stoppte die Pläne in Deutschland
Anfang März 2020 eröffnete SmileDirectClub (SDC) seine beiden ersten Standorte in Deutschland. Bei Filialen in Hamburg und Berlin sollte es jedoch nicht bleiben – allein in dem Sozialen Netzwerk „LinkedIn“ hatte das Unternehmen damals 227 Stellen für Filialen in München, Köln, Düsseldorf, Karlsruhe, Osnabrück, Saarbrücken, Freiburg, Münster, Nürnberg, Heidelberg, Erfurt, Würzburg, Duisburg, Magdeburg, Bremen, Aachen, Essen, Dortmund, Mannheim, Braunschweig, Bonn, Leipzig, Altstadt (Sachsen), Hannover, Dortmund, Stuttgart, Essen und Frankfurt am Main ausgeschrieben.
Dann stoppte die Corona-Pandemie die Expansionspläne.Anfang 2022 erklärte SDC schließlich, den Betrieb in Deutschland, den Niederlanden, Österreich, Spanien sowie Hongkong, Singapur, Neuseeland und Mexiko einzustellen. Laufende Behandlungen sollten ohne Unterbrechung zu Ende geführt werden, hieß es damals. Das Unternehmen wolle sich auf das Geschäft in den USA, Kanada und Australien konzentrieren (zm berichtete).
Alle Bestellungen, die noch nicht versandt wurden, seien storniert worden, Kunden erhalten Ihre Aligner nicht. Behandelnde Ärzte stünden ebenso nicht mehr zur Verfügung, um Behandlungen abzuschließen.
„Wenden Sie sich bitte an Ihren behandelnden Zahnarzt“
„Wir entschuldigen uns für die Unannehmlichkeiten, aber die Aligner-Behandlung ist nicht mehr über die SmileDirectClub-Plattform verfügbar. Wenn Sie die Behandlung außerhalb unserer Plattform fortsetzen möchten, wenden Sie sich bitte an Ihren behandelnden Arzt oder Ihren Zahnarzt vor Ort, wenn Sie Fragen zu einer zukünftigen Aligner-Behandlung haben“, heißt es knapp.
Kunden, die ihre Behandlung über die hauseigene Finanzierungsmöglichkeit „SmilePay-Plan“ finanziert haben, sind aufgerufen, weiterhin alle monatlichen Zahlungen zu leisten, bis die Zahlung gemäß den Bedingungen des SmilePay-Programms vollständig erfolgt ist. Kunden, die eine Rückerstattung fordern wollen, sollen sich indes gedulden. „Weitere Informationen werden folgen, sobald das Insolvenzverfahren die nächsten Schritte und zusätzlichen Maßnahmen festlegt, die die Kunden ergreifen können.“
Erst kam der kometenhafte Aufstieg – dann der Absturz
Der SmileDirectClub wurde 2014 in Nashville von den Jugendfreunden Alex Fenkell und Jordan Katzman gegründet. Ursprünglich als Exklusiv-Vertriebspartner für Align Technologies konzipiert, entschied sich das Unternehmen nach einem Rechtsstreit zum Direktvertrieb eigener Produkte an Endkunden (zm berichtete). Bis 2018 sammelte das Unternehmen Medienmeldungen zufolge 380 Millionen US-Dollar Wagniskapital ein, was zu einer zwischenzeitlichen Bewertung von mehr als 3 Milliarden US-Dollar führte. Beim Börsengang 2019 erzielte es dann bei einem Aktienkurs von 18 Dollar pro Stück eine Marktkapitalisierung von 8,9 Milliarden US-Dollar. Die Erwartungen des Marktes waren hoch.
Doch dann begann der Abstieg: 2020 sorgten Berichterstattungen der New York Times sowie des US-Hörfunk- und Fernsehnetzwerks National Broadcasting Company (NBC) für Aufsehen, die von Verschwiegenheitsklauseln berichteten, mit denen geschädigte Patienten mundtot gemacht wurden. Zeitgleich formierte sich der Widerstand der Zahnärzte und Kieferorthopäden: In 36 US-Bundesstaaten reichten Tochtergesellschaften der American Dental Association of Orthodontists (AAO) Beschwerden ein, außerdem gab es Beschwerden bei der US-Behörde für Lebens- und Arzneimittel (FDA) durch die American Dental Association wegen „Gefährdung der Öffentlichkeit“ sowie „falscher und irreführender Behauptungen sowie unfairer und irreführender Praktiken“.
Am Ende bleiben fast 900 Millionen US-Dollar Schulden
2022 verklagte der Generalstaatsanwalt des District of Columbia das Unternehmen daraufhin. Im Sommer 2023 kam es dann zum Vergleich, der die Verschwiegenheitsregelungen von mehr als 17.000 Kunden für nichtig erklärte und es ihnen erlaubte, öffentlich über ihre Erfahrungen mit SmileDirectClub zu sprechen. Außerdem wurde das Unternehmen zu einer Strafzahlung von 500.000 Dollar verurteilt. SmileDirectClub beharrte jedoch darauf, dass es nicht gegen das Gesetz verstoßen oder unfaire oder irreführende Praktiken angewendet habe.
SmileDirectClub hat in fast einem Jahrzehnt mehr als zwei Millionen Kunden kieferorthopädisch behandelt. Dabei war das Unternehmen bis zuletzt nicht profitabel. Laut New York Times meldete es im September diesen Jahres Insolvenz an. Die Schulden des Unternehmens betragen demnach fast 900 Millionen US-Dollar.